Erste Plattdeutsch-Lehrkräfte erhalten Sprachzertifikate auf C1-Niveau

Richtig Plattdüütsch schrieven un snacken: Erste Plattdeutsch-Lehrkräfte erhalten Sprachzertifikate auf C1-Niveau / Schulen können erstmals bei Prüfungen auf verbindliche Regelwerke für Niederdeutsch zurückgreifen

Mit zwei weiteren wichtigen Schritten etabliert das Land Niedersachsen die niederdeutsche Sprache auch an seinen Schulen: An der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg haben die ersten drei Lehrerinnen und Lehrer erfolgreich ihre Sprachfeststellungsüberprüfung auf C1-Niveau in Niederdeutsch abgelegt und ihr entsprechendes Zertifikat erhalten. Zudem gelten ab diesem Schuljahr (2024/2025) erstmals verbindliche Regeln für den Niederdeutschunterricht.

„Damit fördern und stärken wir das Sprachangebot und den Fachunterricht in Niederdeutsch an unseren Schulen ganz wesentlich und stärken zugleich die sprachkulturellen Besonderheiten in den vielfältigen niedersächsischen Regionen“, kommentierte Kultusministerin Julia Willie Hamburg die beiden Maßnahmen. „Ich gratuliere den drei ersten erfolgreichen Plattdeutschabsolventen – sie stehen auch für die vielen sehr engagierten Lehrkräfte, die sich an unseren Schulen und darüber hinaus für die niederdeutschen Sprachen einsetzen. Umso wichtiger ist es, dass nun auch eindeutige Regeln zur Rechtschreibung im Niederdeutschunterricht und zur Bewertung von schriftlichen Prüfungen vorliegen. Gleichzeitig bleiben aber natürlich alle regionalen Varianten im mündlichen Unterricht erlaubt, denn: Ob prooten, küren oder snacken – Platt ist vielfältig.“

Nele Ohlsen (KGS Hambergen), Anja Enninga (Hermann-Tempel-Schule IGS Ihlow) und Wilfried Zilz (Gymnasium Walsrode) sind vermutlich die weltweit ersten Lehrkräfte mit einem Plattdeutsch-Sprachzertifikat auf C1-Prüfungs-Niveau entsprechend der zweithöchsten Niveaustufe des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER). Geprüft wurden sie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Dabei mussten sie ihre plattdeutschen Kenntnisse in einer 4-stündigen Vorbereitungs- und 35-minütigen Prüfungszeit unter Beweis stellen. Es galt, mithilfe hochdeutscher Fachliteratur und des Internets eine Unterrichtsreihe zum Thema „Niederdeutsche Namen“ zu konzipieren und eine Unterrichtsstunde dieser Reihe näher auszuarbeiten. Sie mussten also zeigen, dass sie die plattdeutsche Sprache in Schrift und Sprache beherrschen und ihre Ergebnisse in Form einer Power Point Präsentation präsentieren.

Das Prüfungsteam der Universität in Oldenburg stellte hierzu fest: „Wir freuen uns ganz besonders, dass wir diesen wichtigen Schritt im Zuge der Implementierung des Schulfachs Niederdeutsch gemeinsam mit dem Niedersächsischen Kultusministerium und den Regionalen Landesämtern für Schule und Bildung vollzogen haben.“
Mit dem nun erworbenen Sprachzertifikat sollen die drei Lehrkräfte nun zum einen unter ihren Beraterkolleginnen und -kollegen der vier Regionalen Landesämter für Schule und Bildung (RLSB) als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fungieren und weitere C1-Prüfungen abnehmen. Zum anderen geht es langfristig darum, die niederdeutsche Sprache in den Schulen Niedersachsens auf hohem Niveau zu unterrichten und Kinder dafür zu begeistern.
Dazu liegen ihnen inzwischen verpflichtende Schreibweisen für Plattdeutsch an Schulen und Prüfungsleistungen vor: für das ostfriesische Platt das Wörterbuch der Ostfriesischen Landschaft. Für das in weiten Teilen Niedersachsens gebräuchliche Nordniedersächsisch das Wörterbuch von Johannes Sass. Für die ostfälische Sprachvariante (unter anderem in Braunschweig und Göttingen) wird noch ein Standardwerk gesucht.

Erarbeitet wurden „Wörterbücher“ und Prüfungseinheiten mit Unterstützung der niedersächsischen Landschaftsverbände und vielen weiteren engagierten Menschen in Niedersachsen. Weitere Informationen zum Niederdeutschunterricht gibt es online auf dem Bildungsportal des Landes:
https://bildungsportal-niedersachsen.de/allgemeinbildung/unterrichtsfaecher/sprachen-und-literatur/niederdeutsch

Hintergrund-Infos zum GER: Der „Gemeinsame Europäische Referenzrahmen“ befasst sich mit der Beurteilung von Fortschritten in den Lernerfolgen bezüglich einer Fremdsprache. Ziel ist, die verschiedenen europäischen Sprachzertifikate untereinander vergleichbar zu machen und einen Maßstab für den Erwerb von Sprachkenntnissen zu schaffen. Insgesamt wird zwischen sechs verschiedenen Sprachniveaus unterschieden (von A 1 bis C 2).

Quelle: PM Niedersächsisches Kultusministerium, 01.10.2024
Foto: Übergabe der Zertifikate: Pr. Dr. Doreen Brandt (Uni OL), Peter Reinert (MK), Willi Zilz (GY Walsrode) Nele Ohlsen (KGS Hambergen), Anja Enninga (IGS Ihlow), Evelyn de Vries (RLSB OS), Dr. Franziska Buchmann (Uni OL)
Bildrechte: MK/Reinert