Antworten Wahlprüfsteine – Gyde Jensen, MdB FDP / Freie Demokraten

Wahlprüfsteine Niederdeutsch, Antworten Gyde Jensen, MdB FDP / Freie Demokraten

Wir haben Gyde Jensen, Kandidatin für die FDP in Schleswig-Holstein im Wahlkreis 002 Nordfriesland – Dithmarschen Nord, zu den Anliegen der Niederdeutschsprecher:innen befragt:

1. Verankerung der Regionalsprache Niederdeutsch im Grundgesetz

Frau Jensen, sollte der Schutz von Niederdeutsch und die Rechte der Sprecher:innen im Grundgesetz verankert werden?

Antwort Gyde Jensen:
Die Verankerung im Grundgesetz halte ich aktuell für nicht realistisch. Um die notwendigen Mehrheiten für eine Grundgesetzänderung zu erreichen, müssen wir Niederdeutsch noch sichtbarer machen und die Infrastruktur für Niederdeutschsprecher:innen gezielt stärken. Darauf werde ich mich im nächsten Bundestag konzentrieren. Jedoch wäre eine Verankerung im Grundgesetz grundsätzlich ein tolles Signal. Deshalb schließe ich eine Änderung auf mittlere und lange Sicht ausdrücklich nicht aus.

2. Niederdeutsch als Gerichtssprache

Wie können wir das Recht auf die eigene Sprache für Menschen, die Niederdeutsch sprechen, beim Zugang zu Gerichtsverfahren sicherstellen?

Antwort Gyde Jensen:
Aus meiner Sicht ist es entscheidend, die Verfügbarkeit von Sprachmittlern an unseren Gerichten spürbar zu verbessern. Die Idee, Niederdeutsch als Gerichtssprache einzuführen, ist lobenswert, aber angesichts der aktuellen Überlastung des Gerichtssystems leider nicht realistisch. Bevor wir solche Schritte wagen, müssen wir zunächst den Verfahrensstau abbauen – und hier sind vor allem die Landesregierungen gefragt. Rheinland-Pfalz zeigt, dass es geht: Dort hat der liberale Justizminister eindrucksvoll bewiesen, wie aufenthaltsrechtliche Verfahren spürbar beschleunigt werden können. Zudem muss der Bund die rechtlichen Voraussetzungen für eine stärkere Digitalisierung schaffen. Insbesondere CDU-geführte Landesregierungen haben sich gegen die von Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgeschlagenen Gesetze gewehrt. Doch nur mit mehr Kapazitäten und digitalisierten Prozessen können wir nicht nur die Effizienz steigern, sondern langfristig vielleicht sogar einen Zugang für Niederdeutschsprecher:innen ermöglichen.

3. Bundestagsdebatte zur Umsetzung der Europäischen Sprachencharta

In der noch laufenden Wahlperiode war Niederdeutsch im Rahmen einer Debatte zu Regional- und Minderheitensprachen ein Thema im Bundestag. Wie wollen Sie die Anliegen der niederdeutschen Sprechergruppe im nächsten Deutschen Bundestag präsenter machen?

Antwort Gyde Jensen:
Ich setze mich dafür ein, dass wir mindestens einmal im Jahr eine Debatte zu den Anliegen von Minderheiten führen. Bereits 2022 habe ich gemeinsam mit engagierten Kolleg:innen aus allen demokratischen Parteien den Parlamentskreis Platt und den Parlamentskreis Minderheiten ins Leben gerufen. Mein Ziel ist es, dieses Engagement auch in einem verkleinerten Bundestag weiter auszubauen. Aus diesen Gruppen heraus haben wir uns auch für eine Debatte in Minderheitensprachen eingesetzt. Die Rede, die ich in dieser Debatte auf Plattdeutsch gehalten habe, zählt zu meinen meist abgerufenen Reden – das Interesse ist also eindeutig vorhanden. Daher sollten die Informationsangebote des Bundestages bei besonderen Anlässen auch auf Niederdeutsch veröffentlicht werden.

4. Teilhabe junger Erwachsener an der Politik zum Sprachenschutz

Wie können wir jungen Menschen Möglichkeiten schaffen, Politik im Bereich des Sprachenschutzes aktiv mitzugestalten?

Antwort Gyde Jensen:
Wichtig ist, dass wir geeignete Foren schaffen, die den Austausch und die Zusammenarbeit fördern. Das Niederdeutschsekretariat und der Bunnsraat leisten dabei schon jetzt wertvolle Arbeit, die ich auch in der kommenden Wahlperiode weiter unterstützen möchte. Die Parlamentskreise Platt und Minderheiten müssen auch noch mehr tun um junge Menschen einzubinden. Gleichzeitig ist die Politik des Sprachschutzes untrennbar mit anderen Bereichen verbunden, insbesondere mit der Entwicklung des ländlichen Raums. Wir müssen jungen Menschen, insbesondere im ländlichen Raum, die Möglichkeit geben, ihre Umgebung attraktiv zu gestalten, sodass sie für das Zusammenkommen in ihren Sprachgemeinschaften Räume haben.

Und wie möchte Sie dafür sorgen, dass Niederdeutsch in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird?

Antwort Gyde Jensen:
Wir müssen die Fakten vermitteln. Niederdeutsch ist zwar eine Regionalsprache, aber vielen Nicht-Niederdeutschen zumindest anekdotisch bekannt. Aber, dass allein 24,5 % der Menschen in Schleswig-Holstein Niederdeutsch sprechen, weiß die große Mehrheit nicht. Ebenso sollten wir die positiven Aspekte des Niederdeutschen – neben seiner Schönheit – hervorheben. Bilingual aufzuwachsen ist ein Vorteil, und das gilt nicht nur, wenn die andere Sprache Englisch oder Französisch ist, sondern eben auch für Niederdeutsch. Am wichtigsten ist jedoch, dass die Sprache sichtbar ist – zum Beispiel dort, wo es passt, auf zweisprachigen Schildern oder auf meinen Wahlplakaten der FDP in meinem Wahlkreis Nordfriesland-Dithmarschen in Schleswig-Holstein.

Foto: ©Nicole Gorski