Wahlprüfsteine Niederdeutsch, Antworten Stefan Seidler, MdB SSW / Südschleswigscher Wählerverband
1. Verankerung der Regionalsprache Niederdeutsch im Grundgesetz
Der BfN setzt sich für die Verankerung von Niederdeutsch im Grundgesetz ein. Ziel ist es, den Schutz der Regionalsprache sowie die Rechte der Sprecherinnen und Sprecher unabhängig von sich verändernden politischen Mehrheiten langfristig zu sichern. Inwieweit unterstützt Ihre Partei dieses Anliegen der Sprechergruppe?
Antwort Stefan Seidler:
Der SSW erwartet von einer neuen Bundesregierung ein deutlich verstärktes Engagement nicht nur zur Verbesserung der Situation der nationalen autochthonen Minderheiten in Deutschland, sondern auch für die Sprecher und Sprecherinnen von Regionalsprachen. Wir wollen uns in Berlin weiter für die Aufnahme des Schutzes und der Förderung dieser ins Grundgesetz einsetzen. Besonders in den heutigen Zeiten sind ein solches Signal der Toleranz und Anerkennung zum Schutz von nationalen autochthonen Minderheiten und Regionalsprachen wichtiger denn je.
Im laufenden Wahlkampf, aber auch nach der Bundestagswahl, werden wir mit Nachdruck für dieses und weitere Anliegen der nationalen autochthonen Minderheiten und der Sprecherinnen und Sprecher von Regionalsprachen werben und auf die politische Agenda setzen.
2. Niederdeutsch als Gerichtssprache
Die derzeitige Regelung des § 184 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) legt fest, dass die Gerichtssprache Deutsch ist; eine Ausnahme besteht lediglich für das Sorbische. Ende 2024 erfolgte eine Erweiterung um Englisch als Gerichtssprache; die Chance, ebenfalls die Regionalsprache Niederdeutsch sowie die Minderheitensprachen zuzulassen wurde verpasst. Inwieweit unterstützt Ihre Partei eine Ausweitung des § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes um die Regionalsprache Niederdeutsch sowie die Minderheitensprachen?
Antwort Stefan Seidler:
Für uns als SSW ist klar: Sprache ist eine Grundlage von Identität und Kulturträgerin Nummer eins. Die Nutzung der eigenen Sprache ist ein Menschenrecht. Der SSW setzt sich darum entschlossen dafür ein, dass Sprecherinnen und Sprecher von Sprachen nationaler Minderheiten sowie Regionalsprachen auch vor Gericht und bei Behörden die Möglichkeit haben, ihre Anliegen in ihrer Muttersprache vorzutragen und zu beantragen. Dies ist ein zentraler Schritt zur Stärkung der kulturellen Identität und fördert den gerechten Zugang zum Recht. Denn es stärkt nicht nur das individuelle Recht auf Sprachgebrauch, sondern sorgt auch dafür, dass die Betroffenen sicher und selbstbewusst in ihrer eigenen Sprache agieren können, was eine wesentliche Verbesserung im Gerichtsprozess darstellt.
3. Bundestagsdebatte zur Umsetzung der Europäischen Sprachencharta
Der BfN regt an, dass Schutz und Förderung der Regionalsprache Niederdeutsch und der anerkannten Minderheitensprachen einmal je Legislaturperiode Thema einer Bundestagsdebatte sind. Als Ergebnis könnten weitere Maßnahmen zur Stärkung dieser Sprachen beschlossen werden. Inwieweit unterstützt Ihre Partei dies?
Antwort Stefan Seidler:
Als SSW haben wir uns in der aktuellen Wahlperiode im Bundestag mit Erfolg für eine vereinbarte Debatte in Minderheiten- und Regionalsprache eingesetzt. Diese Debatte fand am 02. März 2023 statt und war ein wichtiges Signal für die Sichtbarkeit für die Anliegen nationaler Minderheiten und Sprecherinnen und Sprechern von Regionalsprachen. Wir werden auch weiterhin mit voller Kraft für eine Verstetigung dieser Debatte kämpfen – idealerweise in Verbindung mit einer verbindlichen Bundestagsinitiative, die den Schutz und die Förderung der Regional- und Minderheitensprachen auf eine langfristige Grundlage stellt.
4. Teilhabe junger Erwachsener an der Politik zum Sprachenschutz
Für den Erhalt und die Weiterentwicklung des Niederdeutschen ist es unerlässlich, die Bedürfnisse und Wünsche junger Menschen zu berücksichtigen. Inwieweit unterstützt Ihre Partei die Forderung, jungen Erwachsenen die Teilhabe an der Politik zum Sprachenschutz zu ermöglichen?
Antwort Stefan Seidler:
Der SSW setzt sich generell intensiv für die Förderung junger Menschen in der Politik ein und fördert aktiv die Beteiligung von jungen Erwachsenen an politischen Prozessen, die den Schutz und die Weiterentwicklung des Niederdeutschen sowie der Sprachen nationaler Minderheiten betreffen. Es ist unerlässlich, die Bedürfnisse und Wünsche der jüngeren Generation zu berücksichtigen, um die Sprachkultur lebendig zu erhalten und an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass junge Menschen nicht nur in den politischen Diskurs einbezogen werden, sondern auch die Möglichkeit erhalten, eigene Ideen und Initiativen zum Sprachenschutz zu entwickeln und umzusetzen. Diese Beteiligung ist entscheidend, um den Erhalt des Niederdeutschen sowie der Sprachen nationaler Minderheiten als lebendige Sprachen in unserer Gesellschaft langfristig zu sichern.
5. Stärkung der Regionalsprache Niederdeutsch in der Öffentlichkeit
In wieweit setzen Sie sich proaktiv dafür ein, die Präsenz und Nutzung des Niederdeutschen im öffentlichen Raum sowie die Wissensvermittlung über die Sprache zu fördern? Dies könnten beispielsweise mehrsprachige Beschilderungen oder Informationsmaterialien sein?
Antwort Stefan Seidler:
Als SSW sehen wir es als selbstverständlich an, dass wir uns im Alltag im öffentlichen Raum selbstbewusst einer Minderheiten- oder Regionalsprache bedienen und dass diese Sprachen auch im öffentlichen Raum sichtbar sind. Darüber hinaus werden wir uns auch auf Bundesebene weiterhin intensiv dafür einsetzen, unsere Kolleginnen und Kollegen über die Existenz und die Bedeutung der Förderung von Minderheiten- und Regionalsprachen aufzuklären – sowohl durch finanzielle Ausstattung als auch durch Unterstützung bei der Wissensvermittlung in den entsprechenden Regionen. Wir sind überzeugt, dass gesetzliche Initiativen, die Anliegen von nationalen Minderheiten und Vertreterinnen von Regionalsprachen betreffen, bereits vor ihrer Einbringung einer gründlichen Prüfung unterzogen werden sollten, um sicherzustellen, dass sie die Bedürfnisse der betroffenen Gemeinschaften angemessen berücksichtigen. Hier gibt es noch viel Potenzial, das wir entschlossen ausschöpfen wollen, um die Präsenz und Nutzung des Niederdeutschen und anderer Minderheiten- und Regionalsprachen im öffentlichen Raum zu stärken.
Foto: ©Martin Ziemer