Wittstocker Erklärung
zur Anerkennung der Regionalsprache Niederdeutsch
als Teil eines Pflege- und Betreuungskonzeptes in sozialen Einrichtungen
- Der Bundesraat för Nedderdüütsch als sprachpolitische Vertretung der niederdeutschen Sprechergruppe setzt sich für den Schutz und die aktive Förderung der Regionalsprache Niederdeutsch in allen Bereichen des öffentlichen Lebens ein. Dazu zählen insbesondere der Bildungsbereich, Justiz, Verwaltung und öffentliche Dienstleistungseinrichtungen, die Medien, der Kulturbereich sowie das wirtschaftliche und soziale Leben.
- Soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser, Altenheime, Hospize und weitere Pflegeeinrichtungen tragen eine besondere Verantwortung dafür, dass Niederdeutschsprecher*innen sowie Sprecher*innen von Minderheitensprachen, die einer pflegerischen oder therapeutischen Betreuung bedürfen, in ihrer eigenen Sprache aufgenommen und behandelt werden (Artikel 13, 2c der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen). Der Bundesraat för Nedderdüütsch fordert die Träger dieser Einrichtungen auf, die Gespräche zwischen Mitarbeiter*innen und zu Betreuenden in der Regionalsprache Niederdeutsch nicht nur im Rahmen der Biografiearbeit ausdrücklich als pflegerische und therapeutische Tätigkeit anzuerkennen.
- Um die niederdeutschen Sprachkenntnisse der Mitarbeiter*innen sozialer Einrichtungen zu gewährleisten, fordert der Bundesraat för Nedderdüütsch besonders die Berufsfachschulen für Gesundheit und Pflege in den entsprechenden Regionen auf, die niederdeutsche Sprache verpflichtend als Unterrichtsfach mit einer angemessenen Stundenzahl und festgeschriebenen Lernzielen oder als Unterrichtssprache in mindestens einem Lernfeld einzuführen.
- Weiterhin hält es der Bundesraat för Nedderdüütsch für dringend geboten, interdisziplinäre Studien zur Rolle der Erstsprache im Prozess des Gedächtnisverlustes von Demenzpatient*innen im Rahmen der allgemeinen Demenzforschung einzufordern, damit bereits vorhandene und zukünftige Projekte wissenschaftlich begleitet werden können. Die Forderung nach einer Dokumentation der Verwendung des Niederdeutschen in sozialen Einrichtungen wird bekräftigt (Schleswiger Appell 2008).
- Der Bundesraat för Nedderdüütsch appelliert an die Landesregierungen aller acht Bundesländer, in denen niederdeutsch gesprochen wird, die niederdeutsche Sprache als Teil des Gesamtkonzeptes zur Pflege und Betreuung anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen zu unterstützen bzw. aktiv zu initiieren.
Verfasst anlässlich der Tagung „Plattdüütsch in de Pleeg“ des Bundesraat för Nedderdüütsch und des Vereins für Niederdeutsch in Brandenburg e.V. am 03. Mai 2019 in Wittstock/Dosse