Nachlese: In Wittstock trafen sich am 11. September 2021 Plattdeutschsprecherinnen und -sprecher aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg.
An der ehemaligen Grenzwarte Alt Daber in Wittstock trafen sich am 11. September 2021 Plattdeutschsprecherinnen und -sprecher aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Die „geliebten Feinde“ dies- und jenseits der Landesgrenze nutzen die persönliche Begegnung, um Ideen und Erfahrungen auszutauschen und gemeinsame Zukunftsprojekte zu besprechen. Vertreten waren Engagierte aus dem Heimatverband Mecklenburg-Vorpommern, dem Verein Plattdüütsch in Brannenborch, der Stadt Stavenhagen und dem Förderverein der Reutermuseen sowie Plattdüütsch in de Kirch in Mäkelborg und in Brannenborch.
In beiden Bundesländern muss die Sprachgemeinschaft der Regionalsprache Niederdeutsch ganz ähnliche Herausforderungen angehen: Zugleich muss die Sprache die junge Generation erreichen, doch auch die Älteren brauchen weiterhin viele Gelegenheiten ihre Sprache zu pflegen – jede Generation auf ihre Weise. Immer geht es darum, Plattdeutsch in Alltag sichtbar und erlebbar zu machen und selbstbewusst die regionale Sprache den Gästen und Touristen als Besonderheit zu präsentieren. So gibt es in Prenzlau Bänke mit plattdeutschen Sprüchen, die Anlaufpunkte von Schulexkursionen und Stadtführungen sind. In Mecklenburg-Vorpommern bringt die Plattdeutsche Woche Anfang Juni der Sprache eine besondere Aufmerksamkeit. Plattdeutsche Gottesdienste gibt es in beiden Landeskirchen reichlich, doch nur in Mecklenburg-Vorpommern sendet der öffentlich-rechtliche Rundfunk wöchentlich eine Andacht up platt.
Vielfach können sich die Bemühungen auch ergänzen: Mecklenburg-Vorpommern setzt mit dem Heimatprogramm auf die frühkindliche Bildung in KiTas mit der Heimatschatzkiste und in der Oberstufe, auch mit dem Lehrbuch „Platt mit Plietschmanns“, auf Niederdeutsch als Abiturfach. Die Brandenburger habe eine Fibel auf plattdeutsch und Arbeitshefte für die Grundschule herausgegeben. Eine Handreichung für Plattdüütsch in de Pleeg (Plattdeutsch in der Pflege) aus Brandenburg wurde bereits ins Mecklenburg-Vorpommersche Plattdeutsch übertragen, die Wittstocker Erklärung von 2019 fordert gerade für die ältere Generation mehr Niederdeutsch in Senioreneinrichtungen und die entsprechende Ausbildung der Pflegekräfte. Der Atlas Niederdeutsch des Heimatverbandes soll nun auch das Plattdeutsch-Engagement in Brandenburg anzeigen. Im Bereich der Schulischen Bildung und auch der Ausbildung von Niederdeutsch-Lehrkräften ist ein umfangreicher Austausch geplant, insbesondere auch zwischen den Städten Stavenhagen, Prenzlau und Wittstock.
Dabei sind die rechtlichen Voraussetzungen in Mecklenburg-Vorpommern für die Bewahrung des Plattdeutschen wesentlich günstiger. Hier wird die Niederdeutschpflege in der Verfassung verankert und mit der Zeichnung des Teil III der Europäischen Charta der Minderheitensprachen hat sich das Bundesland auf die Förderung von Niederdeutsch in 35 Arbeitsfeldern verpflichtet. Mit einem Beirat für Heimat und Niederdeutsch und dem Heimatprogramm wird auf Niederdeutsch ein besonderes Augenmerk gelegt. Brandenburg hat lediglich Teil II der Sprachencharta gezeichnet und sich auf einige Maßnahmen verpflichtet. Hier haben die Engagierten im Verein Plattdüütsch in Brannenborch erst 2012 erkämpft, dass die plattdeutsche Sprache in der brandenburgischen Prignitz und Uckermark bei der Regierung in Potsdam nicht mehr als „ausgestorben“ gilt. Danach erst gab es eine finanzielle Förderung vom Land.
Erste gemeinsame Projekte setzen die Verantwortlichen sofort um. Im März 2022 ist das nächste Treffen geplant. Bis dahin können sich die Engagierten für Plattdeutsch beim Runden Tisch Plattdeutsch am 18. September in Rostock begegnen. Weitere Informationen dazu finden Sie auf der Webseite des Heimatverbandes.
Text: Anna-Konstanze Schröder, HMV
Foto: Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Plattdeutsch-Austausch zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg: Dr. Cornelia Nenz, Hilmar Baumgarten, Karola Stark (stehend), Astrid Flügge, Doris Meinke, Heidi Schäfer, Ute Eisenack (stehend), Anna-Konstanze Schröder, Renate Drefahl, Jens Reichert (vlnr); Foto: HMV