An’n 12. Septembermaand 2022 hett de Beraden Uutschuss för de Vragen vun de nedderdüütsche Spraakgrupp in Stapelfeldt bi Cloppenborg daagt. Dat Leid hett de ne’e Beopdraagte vun de Bunnsregeren för Uutseedlervragen un natschonale Minnerheiden hatt, MdB Natalie Pawlik. Se hett toseggt, dat dat Rebeed Jöögdarbeid een vun de wichtigsten Temen för eer is. Siet welke Jaren hebbt bi de Uutschüss vun de düütschen Minnerheiden un de nedderdüütsche Spraakgrupp ook junge Lüüd de Mööglichkeid, to Woord to kamen. Dat is op Begeer vun de Nedderdüütschen so kamen. Ook in düt Jaar harrn de jungen Lüüd wedder de Schangs, kott en Bericht vöörtodregen. As Vertredersche un Vertreder weren Nadine Koop un Kevin Behrens anwesig. De’eer Bericht hett achterna goden Anklang vunnen un welke vun de Lüüd vöör Oord hebbt jüstemang desülvigen Punkt opgrepen. De Bericht schall hier nochmaal mitgeven warrn, üm de Wünsch, Kritiek un Ütern vun de jungen Lüüd düüdlich to maken.
Junge Menschen haben auf fast allen Ebenen keinen zufriedenstellenden Zugang zur niederdeutschen Sprache. Deren Elterngeneration kann es zum großen Teil nicht mehr sprechen. Relativ genau 50% der Menschen über 80 sprechen, laut der Studie aus 2016, gut bis sehr gut Plattdeutsch im niederdeutschen Sprachgebiet. Bei jungen Menschen bis 20 Jahre sprechen nur noch 0,8% die Sprache gut bis sehr gut. In etwas mehr als zwei Generationen hat sich die Sprecherzahl von 8 auf 2 Millionen Sprechenden, also auf 1/4, reduziert und somit fehlen die Bezugspersonen, die es jungen Menschen ermöglicht hätten, mit Niederdeutsch aufzuwachsen.
Junge Menschen sollten ein Recht darauf haben, die Sprache zu lernen, unabhängig ihres familiären Hintergrundes, niederdeutschsprechend oder nicht. Damit das sicher gestellt werden kann, bedarf es einer Institutionalisierung der Niederdeutschbildung. Zwar gibt es einige Vorstöße von Niederdeutsch in der Schule und im Kindergarten. Aber diese erreichen nicht systematisch alle jungen Menschen. Die Mehrheit von niederdeutschen Angeboten stützt sich einzig und allein darauf, ob es “zufällig” jemanden gibt, der Niederdeutsch überhaupt unterrichten könnte.
Dahinter steckt keine systematische Niederdeutschpädadogik. Das sieht man vor allem deutlich an der fehlenden Kontrolle von Lehrzielen, die im Unterricht erreicht werden sollten. Solche nicht vorhandenen Kontrollinstanzen sind in keinem anderen Schulfach zulässig. Ein wichtiges Mittel zur Überprüfung wäre eine Ausformulierung eines gemeinsam geschaffenen Referenzrahmens für Niederdeutsch. Denn die Sprache lässt sich nicht in einem Jahr lernen, wie es in der Uni oder in der VHS suggeriert wird, an die aber keine Konversationskurse anknüpfen. Auch nach je einem halben Jahr Anfänger- und Fortgeschrittenenkurs in Latein besitzt man nicht das große Latinum.
Die Universitäten bieten vor allem Studiengänge mit Ausrichtung auf die Niederdeutschvermittlung an, die allerdings Nicht-Lehrämtlern meist nicht in das universitäre Angebot mit eigenem Niederdeutschfach einbinden und sie ausschließen. Diese Niederdeutschabsolventen sind aber genauso notwendig, um ein außerschulisches Angebot zu stärken, was über den Aufgabenbreich von Lehrämtlern hinaus ginge. Die junge, niederdeutsche Sprechergruppe wird kaum als Zielgruppe wahrgenommen und es braucht Leute, die außerschulisch Anreize schaffen. Beispielsweise fehlt es jungen Leuten an medialem und kulturellem Niederdeutsch-Input als auch an jungen Vorbildern, die Eltern und Kinder zum Niederdeutschlernen ermutigen. Denn es müssen mehr junge, niederdeutsche Akteurinnen und Akteure gefördert werden.
Damit sich junge Menschen auch untereinander besser vernetzen können, braucht es auch mehr freizeitliche Angebote, die sich ums Niederdeutsche drehen: Camps oder Freizeiten, Ausflüge, Unternehmungen, Schüleraustäusche, Projektgruppen oder Begegnungsstätten für junge Leute sind unerlässlich, damit sie sich auch miteinander auf Niederdeutsch unterhalten können, wenn es die Eltern nicht mehr können, und damit es zu einer besseren, gelebten und jungen Niederdeutsch-Community in Präsenz und im Digitalen kommt. Die kann das Ehrenamt nicht allein tragen, wenn es irgendwo jemanden gibt, der es „zufällig“ beherrscht und auch noch „zufällig“ fördern möchte.
Denn das Wichtigste ist, dass es hier um die jungen Leute geht, die die Sprache in die Zukunft tragen. Die Sprache muss als Normalsprache im Alltag ankommen, es muss Alltagsanreize geben, dass es sich lohnt, die Sprache zu können, und das Niederdeutsche muss sich anhand moderner und globaler Themen weiter ausbauen. Wir brauchen neue audiovisuele Formate. Diese Angebote könnten genauso offen für alle Altersgruppen bis zur Rente – und nicht erst für die Zeit danach – sein. Niederdeutsch sollte nicht nur in seiner vergangenheitsgeladenen Nostalgie schwehlen, sondern nach vorne gebracht werden – und das geht, wenn es in allen Bereichen erstmal in der heutigen Zeit ankommt.
Titelbild: (v.l.n.r.) MdB Filiz Polat, Nadine Koop, Kevin Behrens, Christiane Ehlers, Heinrich Siefer, Hartmut Cyriacks