„Dat Plattspreeken is en Deel von uns.“

In Kroppenstedt spricht man Platt. Eine herzliche Interessensgemeinschaft engagiert sich für die Regionalsprache.

Eigentlich kein originelles Bild: Man sitzt abends im Wintergarten. Es gibt überbackene Brötchen und Gehacktes, manchmal auch selbst geräucherte Wurst und Käse. Hier sitzt ein junger Mann, da ist einer etwas älter, die Frau am Kopfende ist bestimmt die Oma… Man spricht über alte Zeiten, welcher Nachbar nicht mehr ist und über die Sporthalle am Fußballplatz. Um das Besondere an diesem Bild zu verstehen, muss man den Ton anschalten: „Jiww mick ma de Schettel mit de Bollen rewwer!“ Richtig, hier wird Platt gesprochen.

Vor einem Jahr formierte sich in Kroppenstedt im Landkreis Börde eine Interessengemeinschaft zum Erhalt und zur Förderung des Plattdeutschen (auch Niederdeutsch genannt) im Ort und in der Region. Eine Vereinsgründung lehnte man ab, um Vereinsmeiereien zu vermeiden. Viel lieber wollen die Kroppenstedter handeln: Die Regionalsprache sichtbar machen und vor allem weitergeben. Gründungsmitglied Steffen (47) bringt es auf den Punkt: „Dat Plattspreeken is en Deel von uns, jehört taun Orte. Un dat wolln wei an andere Lieje wiederjäämn.“ Inzwischen treffen sich die 10 Mitglieder einmal im Monat, mal im Garten, mal zuhause, aber immer wird auf Platt und über Platt gesprochen.

Eine Besonderheit der Gruppe: Die fast nur aus Männern bestehende Runde ist bemerkenswert vielfältig. Sitzen anderswo nur die Ältesten des Dorfes beisammen, ist es hier wie im großen Mehrgenerationenhaus: Neben Steffen sitzt da zum Beispiel Gastgeber Frank (64). Das „Ehrenmitglied“ Tante Bartels wohnt nebenan und ist stolze 94. „Ick hewwe Hochdeutsch erst inne Schaule elehrt“, sagt sie. „Da mosste man höllisch oppassn!“ Am anderen Ende des Tisches sitzt das Gegenteil in Form von Jannes. Der 17-jährige spricht selbstbewusst Platt, will aber noch besser werden, um die Sprache zu erhalten, die sein Opa noch täglich sprach. In der Gruppe wird „Platt esproken“ und dabei kann man lernen, aber darum geht es weniger. Frank, der in der örtlichen Grundschule auch eine gut besuchte AG gegründet hat, betont: „Wei wolln uns hier eijentlich nich korrijiern. Aber ja, wenn man wat lehrn will, mott man dat henn un wedder daun.“ Doch das merkt man kaum. Niemand besteht hier auf die „richtige“ Sprache und macht den Oberlehrer: Alle sprechen wie sie wollen und können. Und das Konzept geht auf: Niemand geniert sich, alle spreeken ganz selbstverständlich und Hochdeutsch spricht man nur mit dem Besucher. Die freundlichen Landstädter sind robust und herzlich und haben sich für ihre Treffen eine Regel gegeben: Keine Politik! „Underschiedliche Oppfassungen sind normal“, sagt Frank, „awer se führn ook tau Schtriete’erie un wie wolln uns nich schtrie’n, sondern wat schaffn.“

Die engagierten Kroppenstedter haben es verstanden: Wenn sie ihre Sprache für die Zukunft bewahren wollen, müssen sie rausgehen, müssen sie aktiv werden. Deswegen werden Pläne gemacht und über den Tellerrand geguckt, auch und vor allem in Richtung Jugend. Jannes weiß, dass es auch bei den Jüngeren Interesse gibt. „Wenn ick mit miene Lieje ma Platt spreeke, findn dat veele schon jut un wolln ook jeern Platt spreeken könn’n. Deswejen metten wie wat maaken!“ Die Zukunft der niederdeutschen Regionalsprache in Sachsen-Anhalt wird auch in Kroppenstedt entschieden werden und eines ist klar: An Engagement mangelt es nicht.

Quelle: Landesheimatbund Sachsen Anhalt
(https://landesheimatbund.de/artikel/dat-plattspreeken-is-en-deel-von-uns-kroppenstedter-engagieren-sich-fur-plattdeutsch/)