Ach weer dat nicht schöön.
Du? Hier? Gifft dat doch nich.
Dat kümmt mi vör as tövern.
Dor weer eens mi.
In’n Jugendclub vun‘t Ohnsorg-Theater. Eigentlich wollte ich nur Theater spielen. Eigentlich. Und dann stand in der Ausschreibung der Theatergruppe, dass auf Hochdeutsch und Plattdeutsch gespielt wird. Und dass es ein Casting gäbe, aber irgendwie hat mich das das Wort Casting viel mehr aufgewühlt, als das Wort Plattdeutsch. Ich konnte kein Plattdeutsch, das war mir klar. Und obwohl ich an der Grenze von Hamburg und Schleswig Holstein aufgewachsen bin, war ich bisher nie wirklich mit der Sprache in Berührung gekommen. Weder meine Eltern noch Großeltern oder sonstige Bekannte hatten je mit mir Platt gesprochen.
Nur einmal in der Grundschule hatten wir Plattdeutschunterricht. Ein halbes Jahr lang, einmal in der Woche haben wir uns im Rahmen des Deutschunterrichtes mit der Sprache auseinander gesetzt. Ich erinnere mich, dass wir vor allem viele Lieder gesungen und uns mit kurzen Geschichten und Zungenbrechern beschäftigt haben. Da mir Singen und Schreiben Spaß macht, mochte ich das auch auf Niederdeutsch. Aber nie hätte ich damals gedacht, dass ich mal selber auf einer Bühne vor anderen Leuten diese Sprache spreche.
Doch genau dies war ein paar Jahre später der Fall. Im März 2014, selber erst gerade 15, fand ich mich verkleidet in einem Hasenkostüm Plattdeutsch sprechend auf der Studiobühne des Ohnsorg-Theaters wieder. Wir spielten eine abgewandelte Form von Alice im Wunderland. Dafür hatten unsere Spielleiterinnen viele unserer selbstgeschriebenen Texte, sowie die von Lewis Carroll als Autor von Alice, ins Niederdeutsche übersetzt.
Gleich zu Beginn der Probenzeit stellte sich heraus, dass bis auf ein paar wenige aus unser Gruppe niemand gut oder fließend Platt sprechen konnte. Im Verlauf der Proben merkte ich, Platt war gar nicht so schwer und vieles ähnelte dem Englischen. Dennoch fanden unsere Proben auf Hochdeutsch statt. Zuerst musste sowieso viel ausprobiert werden, um überhaupt ein Gefühl für die Gruppe und das Miteinander zu entwickeln. Da spielte das Niederdeutsche noch nicht so eine große Rolle. Aber spätestens, als wir die (erste) Stückfassung in den Händen hielten, ging es auch um die Sprache. Und damit an das intensivere Plattdeutsch-Training. Während zuvor bei einzelnen Sätzen gefragt wurde: „Was heißt dies? Wie wird das ausgesprochen“, ging es nun vermehrt um das Sprechen längerer Texte auf Platt. Manchmal sogar chorisch. Chorisch sprechen ist an sich schon eine Herausforderung, aber dann auch noch auf einer anderen Sprache?
Über die vier Jahre im Jugendclub habe ich die Erfahrung gemacht, dass das chorische Sprechen den Erwerb der Sprache für mich sogar leichter gemacht hat. Man hat nicht nur seine Stimme im Ohr, sondern alle anderen sprechen das Wort mit. Das hilft beim Einprägen. Mit der Zeit habe ich ein Gefühl für die Grammatik der Sprache bekommen. Die Bedeutung von unbekannten Wörtern konnte ich mir herleiten und versuchen daraus einen Satz zu bauen. Ich musste nicht mehr so häufig nachfragen, wie ein Wort ausgesprochen wird, sondern hatte ein intuitives Gefühl dafür bekommen.
Rückblickend kann ich sagen, dass es einfach Spaß gemacht hat, mit anderen Jugendlichen Theater zu spielen und dabei gleichzeitig Zugang zu einer neuen Sprache zu finden. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es eine gute Möglichkeit darstellt, ein bekanntes Hobby auszuüben und dabei etwas Neues zu lernen. Ich wünschte, ich könnte heute sagen, dass ich die Sprache nun fließend sprechen kann. So weit bin ich noch nicht, aber ich lerne weiter. Durch den Einstieg über das Theater ist mein Interesse an der Sprache und der Kultur geweckt worden. Und inzwischen arbeite ich als Werkstudentin im Niederdeutschsekretariat.
Text: Meret Buchholz | Foto: © Sinje Hasreider