Westfälisches Wörterbuch abgeschlossen

Ein Jahrhundertprojekt geht zu Ende: Im Jahr 1927 wurde in Münster das Archiv des Westfälischen Wörterbuchs gegründet. Nun ist der fünfte und letzte Band des großlandschaftlichen Wörterbuchs erschienen. Aufgrund des nur schleppenden Publikationsfortschritts in den 80er und 90er Jahren sowie einiger Stellenstreichungen war nicht klar, ob das Wörterbuch erfolgreich abgeschlossen werden kann. Mit dem Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand ist es dem Lexikografen Dr. Robert Damme nun aber gelungen, das Werk zu vollenden. Hierzu hat er eine ganze Reihe von Änderungen in den Arbeitsabläufen eingeführt und konsequent auf das Zeitmanagement geachtet.

Das Westfälische Wörterbuch erscheint im Wachholtz-Verlag und wird in absehbarer Zeit auch in einer digitalen Ausgabe zur Verfügung stehen. Derzeit laufen die Vorarbeiten für die Einbindung in das Trierer Portal Wörterbuchnetz.
Herausgegeben wird das Westfälische Wörterbuch von der Kommission für Mundart- und Namenforschung Westfalens (KoMuNa), eine von sechs landeskundlichen Kommissionen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster. Ihre Aufgabe ist es, die Sprache im Raum Westfalen-Lippe zu dokumentieren und zu erforschen. Im Mittelpunkt stehen zum einen das Niederdeutsche in Westfalen und zum anderen die westfälischen Familiennamen. Die KoMuNa gibt zahlreiche Veröffentlichungen heraus, wie etwa die Zeitschrift „Niederdeutsches Wort“ und die Buchreihe „Niederdeutsche Studien“, und unterhält ein stetig wachsendes Internetportal zur westfälischen Sprachforschung.

Um den Abschluss des Westfälischen Wörterbuchs zu würdigen, veranstaltet die KoMuNa am 28. und 29. Oktober 2021 das Kolloquium „Großlandschaftliche Dialektwörterbücher zwischen Linguistik und Landeskunde“ in Münster (oder online). Hier werden zahlreiche Kolleginnen und Kollegen verschiedener Wörterbuchunternehmungen zusammenkommen, um Merkmale des Wörterbuchtyps „Großlandschaftliches Wörterbuch“ zu diskutieren.
Das Programm finden Sie unter: www.mundart-kommission.lwl.org/de/veranstaltungen/.

Über das Westfälische Wörterbuch


Das Westfälische Wörterbuch, herausgegeben von der Kommission für Mundart- und Namenforschung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, dokumentiert den Wortschatz der niederdeutschen Mundarten in Westfalen-Lippe und Nordhessen in seiner ganzen Differen­ziertheit. Das im Wachholtz Verlag (Kiel/Hamburg) erscheinende fünfbändige Werk mit knapp 90.000 Stichwörter auf ca. 3.650 Seiten liegt seit Sommer 2021 abge­schlossen vor.

Bearbeitungsgebiet
Das Bearbeitungsgebiet umfasst ab dem zweiten Band das politische Gebilde Westfalen-Lippe (jedoch ohne das Siegerland mit seinen mitteldeutschen Mundarten) sowie nordhessische Gebiete mit niederdeutschen Mundarten. Dem ersten Band liegt noch ein historischer Westfalenbegriff zugrunde, der im Norden weite Teile des auch vom Niedersächsischen Wörterbuch bearbeiteten Gebiets mit einschließt.

Material
Das schwerpunktmäßig aus dem zweiten und dritten Viertel des 20. Jahrhunderts bezeugte und auf etwa 1,5 Millionen Zetteln erfasste Wortmaterial geht vor allem auf vier Quellen zurück: die umfangreiche vor allem von Erich Nörrenberg erstellte lautschriftliche Sammlung, von freiwilligen Mitarbeitern eingereichte Wort­sammlungen, veröffentlichte und unveröffent­lichte Wörterbücher sowie Antworten auf Fragebogenaktionen. Hingegen sind literarische Quellen nur in Ausnahmen aus­gewertet worden.

Makrostruktur
Der Stichwortansatz orientiert sich an einem historischen niederdeutschen Lautsystem, das ton- und altlange Vokale ebenso unterscheidet wie mehrere altlange ê- und ô-Laute. – Die Stichwortliste hat nach dem Muster des Rheinischen Wörterbuchs eine nest­alphabetische Anordnung. Streng alphabetisch sortiert sind demnach nur die so genannten „Hauptstich­wörter“, denen Zusammensetzungen und Ableitungen zugeordnet sind.

Mikrostruktur
Die Artikelgestaltung orientiert sich ab dem zweiten Band weitgehend am Nieder­sächsischen Wörterbuch: Auf den umfang­reichen Bedeutungsteil, der die Semantik des Stichworts beschreibt und dessen phraseologische Verwendung dokumentiert, folgt – wenn erforderlich – ein petit gesetzter Laut- und Formen­teil sowie ein Verweisteil. Im ersten, nach dem Vorbild des Rheinischen Wörter­buchs gestalteten Band befindet sich der zuweilen recht umfangreiche Lautteil noch prominent im Kopf des Artikels.

Geschichte
1927 wird die Wörterbuchkanzlei gegründet und Erich Nörrenberg als erster Mitarbeiter eingestellt. Der 1969 erschienene Beiband beschreibt die Makro- und Mikrostruktur des geplanten Wörterbuchs und enthält die so genannte Lauttabelle, die die Entwicklung der historischen Ausgangslaute in etwa 700 Ortsmundarten abbildet. 1973 beginnt die Publikation des eigentlichen Wörterbuchs, die Anfang der 1990er Jahre ins Stocken gerät. Da das Wörterbuch seit 1990 zudem mit nur noch einer Planstelle (Robert Damme) auskommen muss, wird 1994 ein Expertenteam zusammengerufen, das einschneidende, ab dem zweiten Band geltende Modifi­kationen, beschließt: Reduzierung des Bearbeitungsgebiets, Straffung des Bedeutungs- und besonders des Lautteils, Vereinfachung der Verbreitungs­angaben. Außerdem wird der Umfang des Wörterbuchs auf fünf Bände beschränkt. Seit 2009 hat ein konsequent durchgeführtes Projekt- und Zeitmanagement dafür gesorgt, das Publikationstempo ohne Änderung der 1994 beschlossenen Konzeption ab dem dritten Band deutlich zu erhöhen. So konnte im Sommer 2021 mit dem Renteneintritt des Bearbeiters der fünfte und letzte Band erscheinen.

Publikation
Beiband. Einführung – Abkürzungen – Anlage der Artikel – Lauttabelle – Übersichtskarten, bearbeitet von Felix Wortmann (1969).
Band 1: A–C, bearbeitet von Hermann Niebaum, Hans Taubken, Paul Teepe, Felix Wortmann, 2015 (12 Lieferungen 1973 – 2015)
Band 2: D–G, bearbeitet von Robert Damme, 2011 (13 Lieferungen 1997 – 2011)
Band 3: H–L, bearbeitet von Robert Damme, 2015
Band 4: M–Sk, bearbeitet von Robert Damme, 2018
Band 5: Sl–Y, bearbeitet von Robert Damme, 2021.

Text: Dr. Markus Denkler und Dr. Robert Damme
Fotos: LWL / Bomholt